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GNU-Manifest

Das nachstehende GNU-Manifest wurde von Richard Stallman 1985 geschrieben, um um Unterstützung bei der Entwicklung des Betriebssystems GNU zu bitten. Ein Teil des Textes stammt aus der ursprünglichen Ankündigung von 1983 und wurde bis 1987 geringfügig angepasst, um neue Entwicklungen zu berücksichtigen; seither scheint es am besten, den Text unverändert zu belassen.

Seit dieser Zeit haben wir von einigen häufigen Missverständnissen erfahren, die durch eine andere Wortwahl hätten vermieden werden können. Seit 1993 hinzugefügte Kommentare helfen diese Punkte zu klären.

Wenn Sie das GNU-System installieren möchten, empfehlen wir, dass Sie eines der 100%ig Freie-Software-Distributionen von GNU/Linux verwenden. Weitere Informationen, wie man zu GNU beitragen kann, siehe http://www.gnu.org/help/.

Das GNU-Projekt ist Teil der Freie-Software-Bewegung, einer Kampagne für Freiheit für die Nutzer von Software. Es handelt sich daher um einen Fehler, GNU mit dem Begriff „Open Source“ zu assoziieren ‑ dieser Begriff wurde bereits 1998 von Personen geprägt, die mit den ethischen Werten der Freie-Software-Bewegung nicht übereinstimmten. Sie gebrauchten ihn, um einen unmoralischen Ansatz auf dem gleichen Gebiet zu fördern.

Was ist GNU? Gnu ist Nicht Unix!

GNU, was für Gnu's Not Unix (‚Gnu ist Nicht Unix‘) steht, ist der Name für das vollständig unixoide Softwaresystem, das ich schreibe, um es frei an jedermann wegzugeben, der es nutzen kann.(1) Einige andere Freiwillige unterstützen mich. Beiträge in Form von Zeit, Geld, Programmen und Ausstattung werden dringend benötigt.

Bis jetzt haben wir einen Emacs-Texteditor nebst Lisp zum Schreiben von Editorbefehlen, einen Quelltextdebugger, einen Yacc-kompatiblen Parsergenerator, einen Linker und etwa 35 Dienstprogramme. Ein Kommandozeileninterpreter ist beinahe fertig. Ein neuer portabler, optimierender C-Compiler hat sich aus seinem eigenen Quellcode kompiliert und kann dieses Jahr freigegeben werden. Ein anfänglicher Systemkern existiert, es werden aber noch viele Funktionen benötigt, um Unix emulieren zu können. Sobald Systemkern und Compiler fertiggestellt sind, wird es möglich sein, ein zur Programmentwicklung einsatzfähiges GNU-System zu verteilen. Wir werden TeX als Textsatzsystem einsetzen, aber auch an Nroff wird gearbeitet. Auch werden wir das freie, portable X Window System verwenden. Danach werden wir ein portables Common Lisp hinzufügen, ein Empire-Spiel, eine Tabellenkalkulation und hunderte weiterer Dinge plus Online-Dokumentation. Wir hoffen, schließlich alles Nützliche bereitstellen zu können, was normalerweise zu einem Unix-System gehört und vieles mehr.

GNU wird in der Lage sein Unix-Programme auszuführen, aber nicht mit Unix identisch sein. Auf Grundlage unserer Erfahrungen mit anderen Betriebssystemen werden wir alle gebräuchlichen Verbesserungen vornehmen. Insbesondere planen wir längere Dateinamen, Datei-Versionsnummern, ein absturzsicheres Dateisystem, eventuell Dateitypendungen, terminalunabhängige Anzeigeunterstützung und vielleicht irgendwann ein Lisp-basiertes Fenstersystem, durch welches mehrere Lisp- und gewöhnliche Unix-Programme sich einen Bildschirm teilen können. Sowohl C und Lisp werden als Systemprogrammiersprachen verfügbar sein. Für die Kommunikation beabsichtigen wir UUCP, MIT Chaosnet sowie Internetprotokolle zu unterstützen.

GNU richtet sich zunächst an Rechner der 68000/16000-Klasse mit virtuellem Speicher, weil es auf diesen am leichtesten lauffähig gemacht werden kann. Den zusätzlichen Aufwand, es auf kleinere Rechner zu portieren, überlassen wir jemandem, der es auf diesen verwenden will.

Um fürchterliche Verwechselungen zu vermeiden, sprechen Sie bitte das g im Wort GNU mit aus, wenn es sich dabei um den Namen dieses Projekts handelt.

Warum ich GNU schreiben muss

Ich denke, die Goldene Regel verlangt, dass, wenn ich ein Programm mag, ich es mit Anderen gemeinsam nutzen muss, die es mögen. Softwareanbieter hingegen wollen die Benutzer entzweien und unterwerfen, wobei sie jeden Anwender dazu verpflichten, nicht mit anderen zu teilen. Ich weigere mich, die Solidarität mit anderen Nutzern auf diese Weise zu brechen. Ich kann nicht guten Gewissens eine Vertraulichkeits- oder Softwarelizenzvereinbarung unterzeichnen. Jahrelang arbeitete ich im Labor für künstliche Intelligenz (KI-Labor) des MIT, um solchen Tendenzen und nicht vorhandenen Gastfreundlichkeiten zu widerstehen, aber letzten Endes waren sie zu weit gegangen: Ich konnte nicht in einer Institution bleiben, in der solche Dinge gegen meinen Willen geschehen.

Damit ich weiterhin Rechner ohne Schmach benutzen kann, habe ich beschlossen, eine genügend große Sammlung von freier Software zusammenzustellen, so dass ich in der Lage sein werde, ohne jegliche unfreie Software auszukommen. Ich habe beim KI-Labor gekündigt, um dem MIT keinen rechtlichen Vorwand zu bieten, mich daran zu hindern, GNU zu verschenken.(2)

Warum wird GNU mit Unix kompatibel sein

Unix ist nicht mein ideales System, aber es ist nicht so übel. Die wesentlichen Eigenschaften von Unix scheinen gute zu sein, und ich denke, dass ich fehlendes ergänzen kann, ohne die guten Eigenschaften zu verderben. Und ein mit Unix kompatibles System wäre für viele Menschen angenehm zu übernehmen.

Wie GNU erhältlich sein wird

GNU ist nicht in der Public Domain. Jedermanm wird erlaubt sein, GNU zu modifizieren und weiterzugeben, aber keinem Distributor wird erlaubt sein, die Weitergabe zu beschränken. D. h. proprietäre Modifikationen werden nicht erlaubt sein. Ich möchte damit sicherstellen, dass alle Varianten von GNU frei bleiben.

Warum viele andere Programmierer mithelfen wollen

Ich habe viele andere Programmierer gefunden, die von GNU begeistert sind und helfen wollen.

Viele Programmierer sind mit der Kommerzialisierung von Systemsoftware unzufrieden. Es mag ihnen die Möglichkeit geben, mehr Geld zu verdienen, aber es zwingt sie gleichzeitig, andere Programmierer im allgemeinen als Gegner anstatt als Kameraden zu betrachten. Der fundamentale Akt der Freundschaft zwischen Programmierern ist das Teilen von Programmen; derzeitige Vermarktungspraktiken verbieten Programmierern im wesentlichen, sich gegenseitig als Freunde zu behandeln. Der Käufer von Software hat die Wahl zwischen Freundschaft und Gesetzestreue. Naturgemäß entscheiden viele, dass Freundschaft für sie wichtiger ist, aber diejenigen, welche an das Gesetz glauben, haben eine schwere Entscheidung. Sie werden zynisch und betrachten Programmierung nur noch als eine Möglichkeit, Geld zu verdienen.

Durch die Arbeit an und mit GNU anstelle von proprietären Programmen, können wir gleichzeitig zu jedem gastfreundlich sein und das Gesetz befolgen. Außerdem dient GNU als inspirierendes Beispiel und Transparent, andere zu versammeln, um sich uns beim Teilen anzuschließen. Dies vermittelt uns ein Gefühl der Harmonie, das bei Nutzung unfreier Software unmöglich wäre. Für rund die Hälfte der Programmierer, mit denen ich sprach, ist dies ein entscheidendes Glücksgefühl, das durch Geld nicht ersetzt werden kann.

Wie Sie beitragen können

(Um an aktuellen Softwareaufgaben mitzuarbeiten, siehe Projekte hoher Priorität und GNU-Projekte, die Hilfe suchen, der allgemeinen Aufgabenliste für GNU-Software. Für weitere Möglichkeiten der Hilfe siehe Ein Leitfaden zur Unterstützung des Betriebssystems GNU.)

Ich bitte Rechnerhersteller um Rechner- und Geldspenden. Einzelpersonen bitte ich um Spenden in Form von Programmen und Mitwirkung.

Wenn Sie uns einen Rechner zur Verfügung stellen, können Sie damit rechnen, dass GNU relativ früh darauf laufen wird. Die Rechner sollten komplette, gebrauchsfertige Systeme sein, in einer Wohnung benutzt werden können und keine außergewöhnliche Kühlung oder Stromversorgung benötigen.

Ich habe sehr viele Programmierer gefunden, die bereitwillig in Teilzeit zu GNU beitragen. Für die meisten Projekte dürfte eine solche teilzeitlich verteilte Arbeit schwierig zu koordinieren sein; die unabhängig geschriebenen Teile würden nicht zusammenarbeiten. Aber für diese besondere Aufgabe, Unix zu ersetzen, ist dieses Problem nicht vorhanden. Ein komplettes Unix-System enthält hunderte von Dienstprogrammen, von denen jedes separat dokumentiert ist. Die meisten Schnittstellenspezifikationen werden durch Unix-Kompatibilität geregelt. Wenn jeder Mitwirkende einen kompatiblen Ersatz für ein einzelnes Unix-Dienstprogramm schreiben kann und dafür sorgt, dass es anstelle des Originals auf einem Unix-System funktioniert, werden diese Dienstprogramme direkt zusammenarbeiten. Selbst wenn wir Murphy erlauben, ein paar unerwartete Probleme zu schaffen, sollte das Zusammensetzen dieser Komponenten eine durchführbare Aufgabe sein (der Systemkern erfordert eine genauere Kommunikation und wird von einer kleinen, festen Gruppe bearbeitet).

Sollte ich Geldspenden erhalten, werden mich diese in die Lage versetzen, ein paar Personen in Voll- oder Teilzeitarbeit einzustellen. Die Gehälter werden nicht dem Standard von Programmierern entsprechen, aber ich suche Personen, für die das Bilden von Gemeinschaftsgeist wichtiger ist als Geld zu verdienen. Ich betrachte dies als einen Weg, engagierten Menschen zu ermöglichen, ihre gesamte Energie der Arbeit an GNU zu widmen, indem ich sie von der Notwendigkeit freimache, ihren Lebensunterhalt auf andere Weise zu verdienen.

Warum alle Rechnerbenutzer profitieren

Sobald GNU geschrieben ist, wird jedermann in der Lage sein, gute Systemsoftware frei zu erhalten, so wie Luft.(3)

Dies bedeutet mehr, als nur jedem den Preis für eine Unix-Lizenz einzusparen. Es bedeutet, dass viel unnötige Doppelarbeit an System-Programmieraufwand vermieden werden kann. Diese Anstrengungen können stattdessen eingesetzt werden, um den Stand der Technik voranzubringen.

Der komplette Quelltext des Systems wird für jedermann verfügbar sein. Als Ergebnis wird jeder Benutzer, der Änderungen im System machen muss die Freiheit haben, diese selbst vorzunehmen, oder einen Programmierer oder eine Firma damit beauftragt. Die Benutzer werden nicht länger von der Gnade einzelner Programmierer oder Unternehmen abhängig sein, welche den Quelltext besitzen und daher als einzige Änderungen vornehmen können.

Schulen können ein viel besseres pädagogisches Umfeld bieten, wenn sie die Schüler dazu anhalten, den Code des Betriebssystems zu untersuchen und zu verbessern. Harvards Rechnerraum verlangte eine Richtlinie, dass kein Programm im System installiert werden durfte, dessen Quelltext nicht öffentlich zugänglich war ‑ und hielten dies aufrecht, indem bestimmte Programme tatsächlich nicht installiert wurden. Ich war sehr begeistert.

Und schließlich wird auch der Verwaltungsaufwand vermieden, zu überlegen, wem die Systemsoftware gehört und was man damit tun darf und was nicht.

Durch Vorkehrungen, um Menschen für die Nutzung eines Programms, einschließlich der Lizenzierung von Kopien, zahlen zu lassen, entstehen immer gewaltige Kosten für die Gesellschaft durch den schwerfälligen Mechanismus notwendig, um herauszufinden für wie viel (d. h. für welche Programme) eine Person zahlen muss. Und nur ein Polizeistaat kann jeden dazu zwingen, sie zu befolgen. Stellen Sie sich eine Raumstation vor, wo die Luft mit großem Aufwand hergestellt werden muss: Es mag fair sein, Atemluft pro verbrauchten Liter zu berechnen, aber die gebührenpflichtige Gasmaske, den ganzen Tag und die ganze Nacht tragend, ist unerträglich, selbst wenn für jeden die Berechnung der Luft erschwinglich ist. Und allgegenwärtige Fernsehkameras, die überwachen, ob jemand die Maske abnimmt, sind ungeheuerlich. Es ist besser, die Luftanlage mit einer Pro-Kopf-Steuer zu finanzieren und die Masken wegzuwerfen.

Das Kopieren eines Programms oder Teile davon ist für einen Programmierer ebenso selbstverständlich wie das Atmen, und genauso nutzbringend. Es sollte genauso frei sein.

Einige leicht zu entkräftende Einwände gegen die Ziele von GNU

Niemand wird es benutzen, wenn es umsonst ist, weil das bedeutet, sich nicht auf Unterstützung verlassen zu können.

Man muss etwas für das Programm berechnen, um Unterstützung anbieten zu können.

Wenn man für GNU mit Dienstleistung eher bezahlen würde als GNU ohne Dienstleistung umsonst zu erhalten, sollte ein Unternehmen, dass diese Dienstleistung speziell für Personen anbietet, die GNU umsonst erhalten haben, profitabel sein.(4)

Wir müssen zwischen Unterstützung in Form von echter Programmierarbeit und Händchenhalten unterscheiden. Ersteres ist etwas, das man nicht von einem Softwarehändler erwarten kann. Wenn Ihr Problem nicht von genügend Personen geteilt wird, wird der Händler Ihnen sagen, Sie hätten sich verlaufen.

Wenn Ihr Unternehmen darauf angewiesen ist, sich auf Unterstützung zu verlassen, ist der einzige Weg, alle notwendigen Quelltexte und Werkzeuge vorliegen zu haben. Dann können Sie jede verfügbare Person beauftragen, Ihr Problem zu lösen; Sie sind nicht Einzelnen ausgeliefert. Mit Unix ist dies infolge des hohen Preises der Quelltexte für die meisten Unternehmen unerschwinglich. Mit GNU wird dies leicht sein. Es ist zwar immer noch möglich, dass keine kompetente Person zur Verfügung steht, aber dies Problem liegt dann nicht an den Vertriebsbedingungen. GNU beseitigt nicht alle Probleme der Welt, sondern nur bestimmte.

Gleichzeitig sind Anwender ohne Rechnerwissen auf Hilfe angewiesen: Dinge erledigen, die sie leicht selbst tun könnten, aber nicht wissen, wie.

Solche Dienstleistungen können von Unternehmen angeboten werden, die gerade solche Benutzerhilfen und Reparaturdienste anbieten. Wenn es stimmt, dass Benutzer es vorziehen für ein Produkt mit Dienstleistung zu bezahlen, werden sie auch bereit sein die Dienstleistung zu bezahlen, wenn sie das Produkt umsonst erhalten haben. Die Dienstleistungsunternehmen werden in Qualität und Preis miteinander konkurrieren; Benutzer nicht an ein bestimmtes gebunden sein. In der Zwischenzeit sollten diejenigen von uns, die die Dienstleistung nicht benötigen, in der Lage sein, das Programm zu benutzen, ohne die Dienstleistung bezahlen zu müssen.

Ohne Werbung kann man nicht viele Menschen erreichen, und man muss etwas für das Programm berechnen, um dies zu ermöglichen.

Es bringt nichts Werbung für ein Programm zu machen, was man umsonst bekommen kann.

Es gibt viele Formen kostenloser oder kostengünstiger Werbung, die dazu dienen kann, viele Rechnerbenutzer über so etwas wie GNU zu informieren. Es mag stimmen, dass man mehr Benutzer von Kleinrechnern durch Werbung erreichen kann. Wenn dies wirklich so ist, sollte ein Unternehmen, das für die Dienstleistung wirbt, GNU gegen eine Gebühr zu kopieren und zu versenden, erfolgreich genug sein, um damit seine Werbung und mehr zu bezahlen. Auf diese Weise bezahlen nur die Nutzer, die von der Werbung profitieren.

Wenn andererseits viele Personen GNU von ihren Freunden erhalten und solche Unternehmen keinen Erfolg haben, zeigt dies, dass Werbung in Wirklichkeit gar nicht nötig war, um GNU zu verbreiten. Warum wollen die Befürworter der freien Marktwirtschaft nicht den freien Markt darüber entscheiden lassen?(5)

Mein Unternehmen benötigt ein proprietäres Betriebssystem, um einen Wettbewerbsvorteil zu bekommen.

GNU wird keine Betriebssystemsoftware aus dem Wettbewerb entfernen. Sie werden keinen Vorteil auf diesem Gebiet erzielen können, aber umgekehrt wird auch Ihre Konkurrenz Sie nicht übervorteilen können. Sie werden auf anderen Gebieten in Wettbewerb treten, während Sie auf diesem Gebiet voneinander profitieren werden. Wenn Ihr Unternehmen vom Verkauf eines Betriebssystems lebt, werden Sie GNU nicht mögen, aber das ist Ihr Problem. Wenn Ihr Unternehmen anders ist, kann GNU Sie davor bewahren, in das teure Geschäft gedrängt zu werden, Betriebssysteme zu verkaufen.

Ich würde es gerne sehen, wenn viele Hersteller und Benutzer die Entwicklung von GNU durch Spenden unterstützen würden, um die Kosten für jeden einzelnen zu senken.(6)

Verdienen Programmierer nicht eine Belohnung für ihre Kreativität?

Wenn irgendetwas eine Belohnung verdient, ist es sozialer Beitrag. Kreativität kann ein sozialer Beitrag sein, aber nur, wenn die Gesellschaft die Freiheit hat, die Resultate zu nutzen. Wenn Programmierer eine Belohnung für das Schreiben innovativer Programme verdienen, müssten sie aus demselben Grunde bestraft werden, wenn sie die Nutzung dieser Programme einschränken.

Sollte ein Programmierer nicht eine Belohnung für seine Kreativität verlangen dürfen?

Es ist nichts Schlechtes daran für Arbeit bezahlt zu werden oder sein Einkommen maximieren zu wollen, solange man nicht destruktiv wird. Die zur Zeit auf diesem Gebiet gebräuchlichen Mittel basieren auf einer Form von Zerstörung.

Geld von Benutzern zu kassieren, indem man den Gebrauch eines Programms einschränkt, ist destruktiv, weil die Beschränkungen die Häufigkeit und die Wege reduziert, in denen das Programm genutzt werden könnte. Dies reduziert den Reichtum, den die Menschheit aus dem Programm leitet. Ist die Beschränkung eine bewusste Entscheidung, sind die schädlichen Auswirkungen absichtliche Zerstörung.

Der Grund, weshalb ein guter Bürger keine solche destruktiven Mittel anwendet um reicher zu werden ist, dass, wenn dies jeder täte, wir alle durch die gegenseitige Destruktivität ärmer würden. Dies ist die Kantische Ethik, oder die Goldene Regel. Da mir die enstehenden Konsequenzen, wenn jeder Information hortet, nicht gefallen, bin ich verpflichtet es für falsch zu betrachten, wenn sich einer so verhält. Insbesondere der Wunsch für die eigene Kreativität belohnt zu werden, rechtfertigt nicht die Welt im allgemeinen von allen oder einem Teil dieser Kreativität zu berauben.

Werden Programmierer nicht verhungern?

Ich könnte antworten, dass niemand gezwungen ist, ein Programmierer zu sein. Die meisten von uns könnten nicht davon leben auf der Straße zu stehen und Grimassen zu schneiden. Aber wir sind deswegen noch lange nicht dazu verurteilt, unser Leben stehend auf der Straße zu verbringen, Grimassen schneidend und verhungernd. Wir tun etwas anderes.

Aber das ist die falsche Antwort, weil sie die implizite Annahme des Fragestellers akzeptiert: dass Programmierern ohne Eigentum an Software möglicherweise kein Cent bezahlt werden würde. Vermeintlich Alles oder Nichts.

Der wahre Grund, warum Programmierer nicht verhungern werden ist, dass es für sie immer noch möglich sein wird, für Programmierung bezahlt zu werden; nur halt nicht ganz so viel wie jetzt.

Eingeschränktes Kopieren ist nicht die einzige Grundlage für geschäftliche Software. Es ist die üblichste Basis(7), weil sie am meisten Geld einbringt. Wäre sie verboten oder durch Kunden abgelehnt, würde sich das Softwaregeschäft auf andere organisatorische Grundlagen bewegen, die zur Zeit weniger häufig verwendet werden. Es gibt immer viele Möglichkeiten, Geschäfte zu organisieren.

Vermutlich wird das Programmieren auf dieser neuen Grundlage nicht so lukrativ sein, wie es jetzt ist. Aber das ist kein Argument gegen die Änderung. Man betrachtet es im allgemeinen nicht als ungerecht, dass VerkäuferInnen die Gehälter bekommen, die sie bekommen. Würden Programmierer die gleichen Gehälter beziehen, wäre dies ebenfalls nicht ungerecht. (In der Praxis würden sie auch weiterhin deutlich mehr beziehen.)

Haben Menschen nicht das Recht zu kontrollieren, wie ihre Ideen verwendet werden?

Die Kontrolle über die Verwendung eigener Ideen konstituiert in Wirklichkeit die Kontrolle über das Leben anderer Menschen, und wird i. d. R. eingesetzt, um den Menschen das Leben zu erschweren.

Personen, die die Frage der Rechte am geistigen Eigentum(8) aufmerksam untersucht haben (z. B. Anwälte) sagen, dass es kein intrinsisches Recht auf geistiges Eigentum gibt. Die von der Regierung anerkannten Arten angeblicher Rechte am geistigen Eigentum wurden durch besondere Rechtsvorschriften für bestimmte Zwecke geschaffen.

Beispielsweise wurde das Patentsystem etabliert, um Erfinder zu ermutigen, die Details ihrer Erfindungen offen zu legen. Der Zweck war die Gesellschaft und nicht den Erfindern zu helfen. Zu jener Zeit war die Lebensdauer von 17 Jahren für ein Patent kurz verglichen mit der Geschwindigkeit des Fortschritts. Da Patente nur für Hersteller ein Thema sind, für die die Kosten und Aufwand eines Lizenzvertrages verglichen mit den Produktionskosten gering sind, schaden Patente oft nicht viel. Sie behindern die meisten Einzelpersonen, die patentierte Produkte benutzen, nicht.

Die Idee des Urheberrechts existierte früher nicht, als Autoren häufig andere Autoren in nicht-fiktionalen Werken kopierten. Diese Praxis war nützlich und der einzige Weg, Werke vieler Autoren haben sogar teilweise überlebt. Das Copyright-System wurde speziell zur Förderung der Urheberschaft erstellt. Auf dem Gebiet, für das es erfunden wurde – Bücher, die nur auf einer Druckerpresse ökonomisch vervielfältigt werden konnten ‑ schadete es wenig, und behindert dadurch die meisten Leser nicht.

Alle geistigen Eigentumsrechte sind nur von der Gesellschaft, zu Recht oder Unrecht, gewährte Lizenzen, weil sie glaubte, sie würde als Ganzes profitieren. In einer bestimmten Situation jedoch müssen wir uns fragen: Sind wir wirklich durch die Gewährung solcher Lizenzen besser gestellt? Welche Art der Handlung erlauben wir einer Person dadurch zu tun?

Der Fall von Programmen heute unterscheidet sich sehr von Büchern von vor hundert Jahren. Die Tatsache, dass der einfachste Weg, ein Programm zu kopieren, von einem Mitmenschen zum Nächsten ist, die Tatsache, dass ein Programm unterschiedlichen sowohl Quell- als auch Objektcode enthält und die Tatsache, dass ein Programm verwendet statt gelesen und genossen wird, bündeln sich, um eine Situation zu schaffen, in der eine Person, die ein Urheberrecht einfordert, der Gesellschaft als Ganzes sowohl materiell als auch spirituell schadet; eine Situation, in der eine Person kein Urheberrecht einfordern sollte, unabhängig davon, ob es das Recht ermöglicht.

Wettbewerb bringt Dinge dazu, besser gemacht zu werden.

Das Paradigma von Wettbewerb ist ein Wettrennen: indem wir den Sieger belohnen, ermuntern wir jeden dazu, schneller zu laufen. Wenn Kapitalismus tatsächlich auf diese Weise funktioniert, ist es ein guter Job; aber seine Verteidiger haben Unrecht mit der Annahme, es funktioniere immer so. Wenn die Läufer vergessen, weshalb der Preis ausgesetzt wurde und unbedingt, egal wie, gewinnen wollen, entdecken sie vielleicht andere Strategien ‑ wie z. B. andere Läufer anzugreifen. Wenn die Läufer in einen Faustkampf geraten, werden sie alle den Lauf später beenden.

Proprietäre und geheime Software sind das moralische Äquivalent zu Läufern in einem Faustkampf. Traurig zu sagen, dass der einzige vorhandene Schiedsrichter, den wir bekommen haben, nichts gegen die Faustkämpfe einzuwenden hat; er reguliert sie lediglich („Pro gelaufene zehn Meter darf man einen Schuss abfeuern“). Er sollte sie stattdessen auseinanderbringen und Läufer bereits für den Versuch eines Angriffs bestrafen.

Wird ohne finanziellen Ansporn nicht jeder aufhören zu programmieren?

Tatsächlich werden viele Menschen absolut ohne jeden finanziellen Ansporn programmieren. Programmierung übt eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf einige Menschen aus, in der Regel Menschen, die darin am besten sind. Es gibt keinen Mangel an professionellen Musikern, die am Ball bleiben, obwohl sie keine Hoffnung, haben ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Aber tatsächlich ist diese Frage, obwohl häufig gestellt, der Situation nicht angemessen. Die Bezahlung für Programmierer wird nicht verschwinden, nur weniger werden. Die richtige Frage ist also, ob jemand mit einem reduzierten finanziellen Ansporn programmieren wird? Meine Erfahrung zeigt, dass sie werden.

Seit mehr als zehn Jahren haben viele der weltweit besten Programmierer im KI-Labor für weit weniger Geld gearbeitet, als sie anderswo hätten verdienen können. Sie erhielten nicht-finanzielle Belohnungen: Ruhm und Anerkennung, zum Beispiel. Und Kreativität ist auch Spaß, eine Belohnung in sich.

Dann gingen die meisten von ihnen, als sich eine Chance bot, dieselbe interessante Arbeit für viel Geld zu tun.

Die Tatsachen zeigen, dass Menschen aus anderen Gründen als Reichtum programmieren; aber wenn sich ihnen eine Chance bietet, mehr Geld zu verdienen, werden sie es zu Recht erwarten und auch einfordern. Niedrig zahlende Unternehmen sehen schlecht im Wettbewerb mit hoch zahlenden aus, müssen sich aber nicht schlecht machen, wenn hoch zahlende untersagt sind.

Wir benötigen die Programmierer unbedingt. Wenn sie möchten, dass wir aufhören unseren Mitmenschen zu helfen, müssen wir folgen.

Sie können niemals so verzweifelt sein, dass Sie derartigen Forderungen nachgeben müssen. Vergessen Sie nicht: Millionen für die Verteidigung, aber nicht einen Cent für Anerkennung!

Programmierer müssen von irgendetwas leben.

Kurzfristig ist das wahr. Es gibt jedoch viele Möglichkeiten, mit denen Programmierer Ihren Lebensunterhalt verdienen können, ohne den Verkauf von Programmrechten zu nutzen. Dieser Weg ist jetzt üblich, weil er Programmierern und Geschäftsleuten das meiste Geld einbringt und nicht, weil es der einzige Weg ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es ist leicht, andere Wege zu finden, wenn man sie finden möchte. Hier sind einige Beispiele.

Ein Rechnerhersteller, der einen neuen Rechner einführt, zahlt für die Portierung des Betriebssystems auf die neue Hardware.

Programmierer können auch in der Schulung, der Benutzerhilfe und der Wartung beschäftigt werden.

Menschen mit neuen Ideen können Programme als Freeware(9) verbreiten, zufriedene Benutzer um Spenden bitten oder Dienstleistungen rentabel anbieten. Ich bin einigen Personen begegnet, die bereits erfolgreich auf diese Weise arbeiten.

Benutzer mit ähnlichen Bedürfnissen können Benutzergruppen bilden und Beiträge zahlen. Die Gruppe würde dann Programmierfirmen damit beauftragen, Programme zu schreiben, die die Mitglieder verwenden möchten.

Alle Arten der Entwicklung können mit einer Softwaresteuer finanziert werden:

Angenommen, jeder, der einen Rechner kauft, muss x Prozent des Preises als Softwaresteuer entrichten. Die Regierung gibt dieses Geld einer Agentur wie der National Science Foundation (NSF), um es für die Softwareentwicklung einzusetzen.

Wenn aber der Rechnerkäufer selbst für die Softwareentwicklung spendet, wird die Spende mit der Softwaresteuer verrechnet. Er kann für das Projekt seiner Wahl spenden ‑ häufig gewählt in der Hoffnung, die fertigen Ergebnisse verwenden zu können. Er kann eine Gutschrift für jeden Spendenbeitrag bis zur gesamten Steuerschuld, die er zu zahlen hatte, anrechnen lassen.

Der gesamte Steuersatz könnte durch ein Votum der Steuerzahler beschlossen werden, entsprechend dem auf sie zu besteuernden Betrag.

Die Konsequenzen:

Auf lange Sicht sind freie Programme ein Schritt in Richtung einer Welt ohne Mangel, in der niemand hart arbeiten muss, um den Lebensunterhalt zu verdienen. Die Menschen werden frei sein sich selbst Aktivitäten zu widmen, die Freude machen, wie der Programmierung, nach den geforderten zehn Wochenstunden notwendiger Aufgaben, wie beispielsweise Verwaltung, Familienberatung, Roboterreparatur und Asteroidenprospektierung. Es wird keine Notwendigkeit geben, von Programmierung zu leben.

Wir haben bereits die Menge an Arbeit, welche die Gesellschaft für ihre Produktivität aufbringen muss, gewaltig reduzieren können, aber nur ein kleiner Teil davon übertrug sich in mehr Freizeit für Arbeitnehmer, weil jede produktive Aktivität zwangsläufig von viel unproduktiver Aktivität begleitet wird. Die Hauptursachen dafür sind Bürokratie und gegenseitige Kämpfe gegen die Konkurrenz. Freie Software wird diese Auswüchse auf dem Gebiet der Softwareentwicklung stark reduzieren. Wir müssen so handeln, um technische Fortschritte in Sachen Produktivität zu erzielen, die sich in weniger Arbeit für uns alle äußern werden.

Fußnoten

  1. Diese Wortwahl war ein wenig sorglos. Die Absicht war, dass niemand für die Erlaubnis zahlen muss, das GNU-System zu benutzen. Dieses geht jedoch nicht aus der Formulierung hervor und man interpretiert dies häufig mit den Worten, dass Kopien von GNU stets ohne oder höchstens gegen geringes Entgelt verbreitet werden sollen. Dies war nie die Absicht; weiter unten erwähnt das Manifest die Möglichkeit der Erbringung von Vertriebsdienstleistungen für Unternehmen zur Gewinnerzielung. Anschließend habe ich gelernt, sorgfältig zwischen frei im Sinne von Freiheit und frei im Sinne von Preis zu unterscheiden. Freie Software ist Software, deren Benutzer die Freiheit haben, sie weiterzugeben und zu ändern. Einige werden ihre Kopien kostenlos erhalten, andere dafür bezahlen ‑ und wenn diese Gelder dazu beitragen, die Software weiter zu verbessern, um so besser. Wichtig ist, dass jedermann, der eine Kopie besitzt, auch die Freiheit beim Gebrauch dieser Kopie mit anderen zu kooperieren hat.
  2. Der Ausdruck verschenken ist ein weiteres Indiz dafür, dass ich noch nicht eindeutig die Frage von Preis und Freiheit getrennt hatte. Wir empfehlen nun dieser Ausdruck zu vermeiden, wenn es um Freie Software geht. Siehe Zu vermeidende Wörter für weitere Informationen.
  3. Dies ist eine weitere Stelle, an der ich versäumte, sorgfältig zwischen den beiden verschiedenen Bedeutungen von frei zu unterscheiden. Die Aussage ist so nicht falsch ‑ man kann Kopien von GNU-Software kostenlos von Freunden oder über das Internet erhalten. Aber es lässt auf die falsche Idee schließen.
  4. Inzwischen gibt es mehrere solcher Unternehmen.
  5. Obwohl es sich um eine wohltätige Einrichtung und nicht um ein Unternehmen handelt, hat die Free Software Foundation seit 10 Jahren den grössten Teil ihres Kapitals aus der Vertriebsdienstleistung eingenommen. Sie können Artikel von der FSF bestellen, um ihre Arbeit zu unterstützen.
  6. Eine Gruppe von Rechnerfirmen hat um 1991 Kapital angesammelt, um die Wartung des GNU C-Compilers zu unterstützen.
  7. Ich glaube, ich irrte mich zu sagen, dass proprietäre Software der häufigste Grund ist, um mit Software Geld zu verdienen. Es scheint, dass es tatsächlich das häufigste Geschäftsmodell wurde und die Entwicklung von benutzerdefinierter Software ist. Das bietet nicht die Möglichkeit Mieten einzunehmen, also muss das Unternehmen weiterhin die eigentliche Arbeit erledigen, um ständig Einnahmen zu haben. Das benutzerdefinierte Softwaregeschäft wird weiterhin, mehr oder weniger unverändert, in einer Freie-Software-Welt der freien Software existieren. Deshalb erwarte ich nicht, dass die meisten bezahlten Programmierer weniger in einer Welt der freien Software verdienen würden.
  8. In den 1980ern hatte ich noch nicht erkannt wie verwirrend es war von dem Problem bezüglich „Geistiges Eigentum“ zu sprechen. Dieser Begriff ist offensichtlich voreingenommen; subtiler ist die Tatsache, dass er verschiedene unterschiedliche Gesetze in einen Topf wirft, die sehr unterschiedliche Probleme aufwerfen. Heutzutage halte ich dazu an, den Begriff „Geistiges Eigentum“ völlig abzulehnen, damit es andere nicht zu der Annahme führt, dass diese Gesetze ein schlüssiges Problem lösen. Um dies eindeutig zu trennen, werden Patente, Urheberrechte und Warenzeichen gesondert erörtert. Siehe „Sagten Sie ‚Geistiges Eigentum‘? Eine verführerische Illusion“, wie dieser Begriff Verwechslungsgefahr und Voreingenommenheit verbreitet.
  9. Anschließend lernten wir zwischen Freie Software und Freeware zu unterscheiden. Der Begriff Freeware bezeichnet Software, die Sie frei weitergegeben können, aber in der Regel den Quellcode nicht frei untersuchen und ändern dürfen, daher größtenteils unfreie Software ist. Siehe Zu vermeidende Wörter für weitere Informationen.